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Die Corona-Folgen im Fußball

Sportrechtsexperte zu auslaufenden Verträgen: "Sicher ist nur eins - es wird Verlierer geben"

  • Aktualisiert: 30.03.2020
  • 19:13 Uhr
  • ran.de / Stephanie Fuchs
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Im Profifußball gilt der 30. Juni als Stichtag, an dem viele Spielerverträge enden. Doch was passiert, wenn die Spielzeit darüber hinausgeht? Im Interview mit ran.de beantwortet Sportrechtsexperte Prof. Dr. Markus Buchberger einige Fragen, mit denen der Fußball angesichts der Coronakrise konfrontiert ist.

München - Die Folgen der Corona-Krise betreffen alle Lebensbereiche. Das bekommt in diesen Tagen auch der Profifußball zu spüren. Neben finanziellen Problemen sind die Klubs dabei vor allem mit rechtlichen Fragen konfrontiert.

Der 30. Juni gilt als Stichtag, an dem viele Spielerverträge enden. Am 1. Juli beginnen teilweise schon unterschriebene Kontrakte bei anderen Vereinen. Derzeit hoffen die Ligen noch darauf, dass die Saison bis dahin mit Geisterspielen zu Ende gespielt werden kann.

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Durch die EM-Verschiebung gewinnen die Verantwortlichen an Zeit. Doch was geschieht, wenn die Spielzeit über den 30. Juni hinausgeht?

Im Interview mit ran.de beantwortet Prof. Dr. Markus Buchberger, Fachanwalt für Sportrecht und Berater von Trainern und Managern im Fußball, Fragen rund um die Problematik, mit der die Fußballwelt angesichts der Corona-Krise zu kämpfen hat.

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ran.de: Herr Prof. Dr. Buchberger, die Profiverträge enden zum Stichtag 30. Juni. Was passiert, wenn durch die Corona-Krise die Saison an diesem Datum noch nicht beendet ist?

Prof. Dr. Markus Buchberger: Stand jetzt können die Spieler zum 1. Juli wechseln, einen Lösungsweg für dieses Problem gibt es noch nicht. Es gilt jetzt für alle Beteiligten Rechtssicherheit zu bekommen, sodass ausgeschlossen werden kann, dass ein Lösungsweg rechtlich torpediert bzw. ausgenutzt werden kann und im Nachhinein eine Klagewelle ausgelöst wird. Dieses Kriterium wird für den Profifußball im Umgang mit der Corona-Krise am schwierigsten zu erreichen sein.

ran.de: Was halten Sie von sogenannten "Sondervereinbarungen", die von einigen Experten als sinnvoll angesehen werden, um Spieler über den Stichtag hinaus beim alten Verein zu halten?

Buchberger: Nur auf Einzelvereinbarungen mit allen Spielern und Trainern über Verlängerungen zu setzen, führt meiner Meinung nach ins sichere Chaos. Jedoch geht es nicht nur um Spieler. Auch Verträge der Trainer und anderen Staff-Mitglieder sind betroffen. Es stellen sich Fragen wie: Mit welcher Mannschaft spielt ein Verein nach dem 30. Juni, wenn beispielsweise vier vorherige Stammspieler der Verlängerung nicht zustimmen? Und was ist mit den Leihspielern?

ran.de: Wie sieht die Rechtslage für diese Fragen aktuell aus?

Buchberger: Man wird weder den Spieler, der an sich vertragslos wäre, noch den Spieler, der einen Anschlussvertrag bei seinem alten Klub hat und der ihn ausgeliehen hat, ohne weiteres zu Einsätzen für den bisherigen Klub zwingen können. Das verstieße gegen die Berufsfreiheit des Spielers.

ran.de: Könnte die Liga selbst ein solches Problem lösen, indem sie beispielsweise ihr Reglement übergreifend ändert?

Buchberger: Die DFL ist selbst nicht Vertragspartei und kann deshalb keine Änderung von Arbeitsverträgen zwischen Klubs und Spielern usw. "von oben" festlegen. Die Dauer der Spielzeiten 2019/2020 und 2020/2021 müsste daher möglichst international einheitlich festgelegt werden. Aber es bleibt das Problem, dass wir heute nicht wissen, ob dies überhaupt notwendig ist.

ran.de: Wie könnte eine Lösung für die Spielerverträge aussehen, wenn es zu einer Verlängerung der Saison durch die Fußballverbände kommt?

Buchberger: Da Einzelvereinbarungen nicht umsetzbar sein werden, brauchen wir eine für alle Arbeitsverträge der betroffenen Spieler automatisch geltende Gesetzesgrundlage, die auslaufende Verträge bis zum dann geltenden Saisonende verlängert.

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ran.de: Gibt es dafür eine rechtliche Grundlage?

Buchberger: Das könnte die im Arbeitsrecht sehr selten eingreifende Regelung zur "Störung der Geschäftsgrundlage" (§313 BGB) sein. Dann würden sich die Laufzeiten der Verträge entsprechend der Dauer der Saison automatisch anpassen. Aber diese Lösung ist in der Praxis nicht erprobt und deshalb rechtlich dünnes Eis.

Vor allem gilt es aber zu prüfen, ob und ab wann die Geschäftsgrundlage im Fußballbetrieb wirklich gestört ist. Das wissen wir erst, wenn sicher ist, dass die Saison 2019/2020 nicht bis zum 30. Juni zu Ende gespielt werden kann. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es also noch zu früh, um auf diesen Lösungsweg zu setzen.

ran.de: Wäre es eine denkbare Option, dass die FIFA ihr Reglement dahingehend anpasst, dass die Verträge über den 30. Juni hinaus verlängert werden?

Buchberger: Nein. Anpassungen der FIFA könnten genauso wenig wie die der DFL direkt auf die Spielerverträge einwirken. Es bleibt Sache der Klubs, weltweit.

ran.de: Was könnte die FIFA stattdessen tun?

Buchberger: Die FIFA könnte die Transferfenster anpassen, damit zumindest die Wechselfristen der Spieler nach hinten verlagert werden und so ein für alle Länder einheitliches Transfersystem herstellen.

ran.de: Was wäre Ihre Handlungsempfehlung mit Blick auf die jeweiligen Parteien, um die existente Problematik bestmöglich zu lösen?

Buchberger: Für alle Beteiligten ist es eine Situation, bei der sich die Grundlagen jeden Tag neu ergeben können und für die es keine Blaupause aus der Vergangenheit gibt. Deshalb muss auf Sicht gefahren werden und möglichst für jede aktuell absehbare Entwicklung ein Szenario bereitstehen.

In den Klubs, bei der DFL und beim DFB wird gerade DIE Herkulesaufgabe des deutschen Fußballs bewältigt. Welches Szenario - Beendigung, Verlängerung oder Abbruch der Saison - uns bevorsteht, kann heute keiner wissen. Sicher ist nur eins: Es wird Verlierer geben und gerade deshalb sind Rechtssicherheit und Akzeptanz der Lösung die ausschlaggebenden Kriterien.

Das Gespräch führte Stephanie Fuchs

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